Normativität in Recht und Literatur

Die Normativität des Rechts wird niemand bestreiten. Gesetze müssen eingehalten werden und wenn Zweifel über ihren Bedeutungsgehalt aufkommen, diskutieren juristische Expert:innen darüber, wie sie ,richtig‘ zu verstehen sind. Das Funktionieren des Rechtssystems hängt von der Normativität des Rechts ab. Ob auch Literatur normativ sein kann, steht dagegen nicht zweifelsfrei fest. Und doch hat beispielsweise die Poetik des 18. Jahrhunderts von ‚Gesetzen‘ gesprochen, argumentiert die Gattungstheorie durchaus normativ und urteilt die Literaturkritik nach oftmals nicht hinterfragten und wie selbstverständlich gesetzten Kriterien. D.h. auch das Literatursystem wird durch Regelmäßigkeiten bestimmt, deren Normcharakter jedoch genauer zu befragen ist. Der Band vergleicht Normativitäten von Recht und Literatur bzw. von Rechtswissenschaft und Literaturwissenschaft und fragt nach Spiegelungen, Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Dabei werden notwendigerweise systematische Differenzierungen vorgenommen und das Verhältnis des Normbegriffs etwa zu Werten, Regeln, Vorbildern sowie zu der Kategorie der Geltung beleuchtet. Auch die Quellen von Normativität sowie Formen von Autorisierung und Legitimierung werden untersucht. Nicht zuletzt stehen Mittel und Möglichkeiten der Durchsetzung von Normen zur Diskussion sowie die Ressourcen, die der/die/das Einzelne, Besondere, Nichtidentische der Kraft der Normierung entgegenzusetzen vermag.