Praxistipps: Erfolgreich starten als Rechtsanwalt

Bei rund 150.000 in Deutschland zugelassenen Anwälten stellt sich die Frage drängender denn je, ob es überhaupt noch Sinn macht, eine eigene Kanzlei zu gründen. Dennoch wagen nach wie vor viele Anwälte den Schritt in die Selbständigkeit und können dabei auf praktisch ausgerichtete Ratgeber wie Erfolgreich starten als Rechtsanwalt zurückgreifen, dessen 6. Auflage aktuell erschienen ist. Als Interviewpartnerin steht uns Rechtsanwältin Marina Hülsebus zur Verfügung, Autorin des Kapitels Kanzleigründung.

 

Frau Hülsebus, was für ein Typ muss ich eigentlich sein, um eine Kanzlei gründen zu können?

Marina Hülsebus: Kurz gesagt: Man sollte auf jeden Fall sehr diszipliniert sein, zielstrebig, motiviert und Freude haben am Anwaltsberuf.

Wenn ich an mein erstes Jahr als selbständig tätige Rechtsanwältin zurückdenke, dann erinnere ich mich noch gut daran, wie unruhig ich wurde, als in der Zeit der Sommerferien auf einmal weniger Mandaten anriefen und ich feststellte, dass ich weniger Mandate annahm. Ich malte mir damals aus, was passieren würde, wenn dieser Zustand für immer so anhalten würde und hatte natürlich auch finanzielle Sorgen. Solche Phasen muss man aushalten können; man braucht also auch starke Nerven und eine gehörige Portion Zuversicht.

 

Teilen Sie die Ansicht, dass man als professioneller vom Markt wahrgenommen wird, wenn man sich mit mehreren Kollegen zusammenschließt? Oder können auch Einzelanwälte erfolgreich sein?

Hülsebus: Nein, diese Ansicht teile ich nicht. Man kann auch als Einzelanwalt sehr erfolgreich am Markt tätig sein und entsprechend wahrgenommen werden. Ich glaube eher, dass der Aspekt der Spezialisierung für die Wahrnehmung am Markt entscheidender ist als die Anzahl der Kollegen, mit denen man gemeinsam auftritt.

 

Ist es wichtig, gleich zu Beginn festzulegen, wen man als Mandant betreuen möchte, oder sollte man hier flexibel agieren?

Hülsebus: Das ist eine sehr gute Frage. Aus heutiger Sicht möchte ich sagen, dass es hilfreich ist, wenn man für sich direkt zu Beginn der Tätigkeit festlegt, welches Mandat man betreuen möchte und welches nicht. Ich habe zu Beginn meiner selbständigen Tätigkeit jedes Mandat angenommen und mich im Nachhinein manches Mal darüber geärgert. Heute versuche ich, direkt im ersten Gespräch wahrzunehmen, ob mir das Mandat gefällt und insbesondere wahrzunehmen, ob ich der richtige Ansprechpartner und Interessenvertreter für den Mandanten bin oder nicht.

 

Darf man die Beratungsschwerpunkte danach festlegen, was einem selbst richtig Spaß macht, oder eher nach Marktgesichtspunkten auswählen, und sich darauf spezialisieren, was gerade besonders gefragt ist?

Hülsebus: Ich bin fest davon überzeugt, dass man seine Spezialisierung danach ausrichten sollte, was einem selbst an Themenschwerpunkt Freude bereitet. Denn wie sagte bereits W. Chrysler: „Das wahre Geheimnis des Erfolgs ist die Begeisterung.“

 

Halten Sie eine längere Planungsphase für wichtig oder raten Sie Existenzgründern zügig zu starten, da ohnehin vieles anders kommt als geplant?

Hülsebus: Gut Ding will Weile haben, sagt man. Es ist aus meiner Sicht absolut notwendig, die Idee der Selbständigkeit sorgfältig zu planen, vorzubereiten und realistisch einzuschätzen. Wenn dann aber alle Facetten der Selbständigkeit durchdacht sind und die Finanzierung steht, dann bin ich der Meinung, dass man dann auch durchstarten sollte. Irgendwann muss man sich eben trauen und springen …

 

Wie schafft man es als junger Anwalt/junge Anwältin bekannt zu werden? Raten Sie hier eher zu persönlichen Auftritten, wie z.B. Vorträgen, Netzwerktreffen oder eher zu Youtube-Videos, Twitter, Blogbeiträgen?

Hülsebus: Ich habe mir sagen lassen, dass es sehr vielversprechend sein soll, Videos auf YouTube zu veröffentlichen. Ich persönlich halte Vorträge bei den Volkshochschulen, bin Mitglied in Netzwerken und veröffentliche hin und wieder Fachbeiträge in der Tageszeitung.

 

Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht der Internet-Auftritt der Kanzlei?

Hülsebus: Den Internet-Auftritt halte ich für sehr wichtig. Eine gut gepflegte ausdrucksstarke Homepage ist DIE Visitenkarte der Kanzlei. Insbesondere, wenn dort Referenzen und aktuelle Fotos zu finden sind, da die interessierte Öffentlichkeit auf diese Weise direkt einen guten Eindruck der Person erhält.

 

Wie hoch sollte das Budget mindestens sein, mit dem startet? Mit welchen Kosten ist zu rechnen und wie viel Prozent des Budgets sollte man dafür vorsehen?

Hülsebus: Das lässt sich nicht pauschal sagen. Dieser Punkt hängt maßgeblich von den zu erwartenden Kosten ab, insbesondere von der Höhe der Miete und den Personalkosten. Ich habe so kalkuliert, dass mein Startkapital für das erste Jahr die Personalkosten und die Miete abdecken konnte.

 

Frau Hülsebus, wir danken Ihnen für das Gespräch!

 

Trimborn von Landenberg (Hrsg.)

Erfolgreich starten als Rechtsanwalt

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