Zwölf Fragen, die sich garantiert alle Jura-Erstis stellen

von Dr. Jannina Schäffer

Es gibt Fragen, die im Internet im Hinblick auf das Jurastudium immer wieder gestellt werden. Du fühlst Dich angesprochen? Keine Sorge, wirklich alle Jurastudierenden treiben am Anfang die gleichen Themen um.

Woher ich das weiß? Weil ich seit zehn Jahren über die juristische Ausbildung blogge und vor fünf Jahren das juristische Online-Magazin JURios gegründet habe. Auf www.jurios.de veröffentlichen wir neben kuriosen Urteilsbesprechungen und examensrelevanten Entscheidungen auch Tipps und Tricks rund um das Jurastudium, die von unseren Leserinnen und Lesern eingesendet wurden.

Warum ich Euch das erzähle? Weil sich letztes Jahr einige JURios-Autorinnen und -Autoren zusammengeschlossen haben, um einen Ratgeber für die ersten Semester des Jurastudiums zu veröffentlichen. Den „Survival Guide Jura“, erschienen im UTB-Verlag. Im Folgenden gehe ich auf einige der Fragen ein, die uns am häufigsten gestellt wurden. Die Antworten darauf – und auf viele weitere Ersti-Themen – findest Du auch in unserem Ratgeber.


Inhalt


1. Wie stelle ich fest, ob ich mich überhaupt für ein Jurastudium eigne? Welche Interessen sollte ich mitbringen, um Jura mit Freude zu studieren?

Wer mit dem Gedanken spielt, Jura zu studieren, sollte sich weniger fragen, ob er oder sie besonders „intelligent“ ist, sondern vielmehr, ob ihn oder sie die juristische Denkweise reizt. Freude am Analysieren von Texten, an Sprache und Argumentation sind entscheidende Indikatoren. Wer sich gern mit gesellschaftlichen Fragen und Politik beschäftigt, findet im Recht ein Werkzeug, um diese Themen konkret zu fassen. Wichtig ist auch, Spaß daran zu haben, Probleme systematisch zu lösen: Juristisches Arbeiten bedeutet, einen Sachverhalt zu erfassen, die relevanten Normen zu finden und sie schrittweise anzuwenden. Wer gern knobelt, schreibt und diskutiert, wird sich hier wohlfühlen. Ein Beispiel: Die Frage, ob jemand nach einem Einkauf bei Amazon wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten kann, verlangt keine Meinung, sondern ein Argument entlang von Paragrafen und einschlägigen Urteilen. Wer dagegen lieber kreativ ist oder wissenschaftlich experimentiert, wird das Jurastudium womöglich als zu starr empfinden.

Wie sich Schule und Jurastudium unterscheiden, erfährst Du im ersten Kapitel unseres Ratgebers „Survival Guide Jura“.

 

2. Bin ich fürs Jurastudium zu alt?

Für ein Jurastudium ist man – wie für jede Aus- und Weiterbildung – nie zu alt! Lebenslanges Lernen zahlt sich immer aus. Trotzdem sollte man sich der zeitlichen Rahmenbedingungen bewusst sein. Im Gegensatz zu Bachelorstudiengängen handelt es sich beim Jurastudium um ein sehr langes Studium:

Die Regelstudienzeit liegt bei zehn Semestern. Zu diesen fünf Jahren musst Du dann noch zwei Jahre Rechtsreferendariat hinzurechnen, bis Du tatsächlich als Volljuristin oder Volljurist arbeiten kannst. Wichtig ist also nur, dass Du Deine eigene Lebenssituation realistisch einschätzt. Dazu gehören insbesondere finanzielle Belastung und familiäre Verpflichtungen.

 

3. Wie lange dauert das Jurastudium?

Durchschnittlich brauchen Jurastudierende elf Semester, bis sie das erste Staatsexamen in den Händen halten. Dabei kommt es auch auf Deinen individuellen Lernrhythmus an und insbesondere darauf, ob Du das Studium „in Vollzeit“ betreibst oder nebenher anderen Verpflichtungen (z. B. Arbeit) nachgehst. Das Studium der Rechtswissenschaft gliedert sich dabei grundsätzlich in das Pflichtfachstudium (ca. 1.-5. Semester) und das Schwerpunktbereichsstudium (ca. 6.-8. Semester). Zu den Pflichtfächern gehören Zivilrecht, Strafrecht und öffentliches Recht. An den Schwerpunkt schließt sich eine etwa einjährige Vorbereitung auf das erste Staatsexamen an.  Die Note für das juristische Staatsexamen setzt sich aus der staatlichen Pflichtfachprüfung (70 Prozent) und der universitären Schwerpunktbereichsprüfung (30 Prozent) zusammen. Um zum Staatsexamen zugelassen zu werden, musst Du – je nach Universität – mehrere Klausuren und Hausarbeiten bestehen.

 

4. Kann ich nebenberuflich/berufsbegleitend Jura studieren?

Ein berufsbegleitendes Jurastudium ist möglich, aber anspruchsvoll. An staatlichen Universitäten gibt es strenggenommen kein Teilzeitstudium, weil das Staatsexamenssystem grundsätzlich ein Vollzeitstudium voraussetzt. Meistens gibt es aber die Möglichkeit, zumindest Teilabschnitte des Studiums im eigenen Tempo zu durchlaufen. Informiere Dich deswegen am besten frühzeitig, welche Prüfungsleistungen Du bis zu welchem Zeitpunkt abgelegt haben musst. Meistens ist nur das Bestehen der Zwischenprüfung an einen festen Termin geknüpft – spätere Prüfungsleistungen können dann flexibel abgelegt bzw. auch mal ein Semester geschoben werden.

Ein weiterer Pluspunkt: An der Uni gibt es in fast keiner Vorlesung eine Anwesenheitspflicht. Statt vor Ort zu fixen Zeiten anwesend zu sein, kannst Du Dir den Stoff theoretisch auch abends oder am Wochenende selbst beibringen. Darüber hinaus bieten einige Universitäten, etwa die FernUni Hagen, Programme an, die sich explizit an Berufstätige richten. Dort kann man Jura flexibel online studieren und sich die Zeit frei einteilen. Realistisch sollte man hier aber mit einer Verdopplung der Studiendauer rechnen.

 

5. Kann ich im Jurastudium nebenbei arbeiten?

Ja, das ist möglich, aber man sollte die Arbeitszeit bewusst begrenzen. Jura ist ein Studium, das kontinuierliches Lernen verlangt. Der Stoff baut aufeinander auf, und wer zu lange aussetzt, verliert schnell den Überblick. Ein klassischer Nebenjob von zehn Stunden pro Woche ist gut machbar. Viele Studierende arbeiten als studentische Hilfskräfte an Lehrstühlen, in Kanzleien oder in Unternehmen.

Was Dich als HiWi an einem Lehrstuhl erwartet, kannst Du im Kapitel „Gesucht: Studentische Mitarbeiter (m/w/d)  Gefunden: Das Dasein als ‚HiWi‘ an einem Lehrstuhl“ nachlesen.

Diese Tätigkeiten sind besonders sinnvoll, weil sie juristische Praxis vermitteln und den Lebenslauf stärken. Wer hingegen in einem fachfremden Job arbeitet, sollte darauf achten, dass die Arbeitszeiten flexibel bleiben, um in der Klausurenphase ausreichend Zeit zum Lernen zu haben. In höheren Semestern, wenn das Examen näher rückt, reduzieren viele Studierende ihre Jobs oder pausieren vollständig, um sich ganz auf die Vorbereitung zu konzentrieren. Wichtig ist, die eigene Belastungsgrenze zu kennen: Das Jurastudium verlangt mentale Energie, und Erholung ist Teil des Lernerfolgs. 

6. Wie viel Geld muss ich fürs Jurastudium pro Semester ausgeben?

Das Jurastudium ist grundsätzlich kein teures Studium, weil es an staatlichen Universitäten in Deutschland keine klassischen Studiengebühren gibt. Dennoch entstehen Kosten, die man realistisch einplanen sollte. Der Semesterbeitrag liegt meist zwischen 250 und 450 Euro; darin enthalten sind Verwaltungskosten und oft auch ein Semesterticket. Dazu kommen Ausgaben für Bücher, Gesetzestexte und Arbeitsmaterialien. Wer auf gebrauchte Bücher oder Online-Datenbanken der Uni zurückgreift, kann hier sparen.

Viele weitere Tipps zur Finanzierung Deines Jurastudiums findest Du im Kapitel „Let’s talk about money! Was kostet das Jurastudium und wie kannst Du es finanzieren?“

Größere Kosten entstehen meist erst in der Examensvorbereitung, wenn man ein privates Repetitorium besucht. Diese kosten zwischen 100 und 200 Euro im Monat, über ein Jahr also rund 2.000 bis 3.000 Euro. Hinzu kommen Lebenshaltungskosten – Miete, Verpflegung, Krankenversicherung –, die mit dem Studiengang nichts zu tun haben, aber die Gesamtbelastung bestimmen.

 

7. Kann ich in den Semesterferien Urlaub machen?

Ja, und man sollte es sogar tun – aber mit Augenmaß. Die sogenannten Semesterferien sind im Jurastudium keine reinen Ferien, sondern vorlesungsfreie Zeit. Das bedeutet: Es finden zwar keine Vorlesungen statt, aber Hausarbeiten und Pflichtpraktika fallen oft genau in diesen Zeitraum. Praktisch heißt das: Wer plant, wegzufahren, sollte vorher prüfen, ob eine Hausarbeit abgegeben werden muss oder ein Praktikum noch offen ist.

Wichtig ist die Balance: Wer in den Semesterferien durchgehend lernt, brennt schnell aus. Ein Tapetenwechsel hilft, den Kopf freizubekommen – und genau das steigert langfristig die Leistungsfähigkeit.

 

8. Wie kann ich Frust im Jurastudium vorbeugen?

Frust gehört zum Jurastudium fast zwangsläufig dazu. Das Studium ist anspruchsvoll und langwierig. Viele scheitern nicht an mangelnder Intelligenz, sondern an falschen Erwartungen. Jura ist ein kumulatives Fach: Erst nach und nach erkennt man die Zusammenhänge zwischen Paragrafen und unterschiedlichen Rechtsordnungen. Hinzu kommt, dass der gesamte Prüfungsstoff ständig präsent sein muss, weil im Staatsexamen alles abgefragt wird – vom ersten Semester bis zum letzten.

Ein Gegenmittel: Struktur, feste Lernzeiten, realistische Ziele, ausreichend Pausen. Besonders wichtig: Gute Freundinnen und Freunde, die einen auf diesem anstrengenden Weg begleiten. Sowohl unter den eigenen Kommilitonen als auch außerhalb des Jurastudiums, beispielsweise im Sportverein.

 

9. Ich bin im 1. Semester Jura, was ist wirklich klausurrelevant?

Im ersten Semester zählt vor allem das Verständnis für die juristische Arbeitsweise. Dazu gehört insbesondere der Gutachtenstil. Wichtig ist alles, was dazu beiträgt, einen Fall methodisch sauber zu lösen:

  • Anspruchsgrundlagen erkennen,
  • Obersätze bilden,
  • sauber subsumieren.

Hinzu kommt das Wissen, das in den jeweiligen Vorlesungen vermittelt wird. Dazu gehören am Anfang BGB AT, Strafrecht AT und – je nach Uni – Staatsorganisationsrecht oder Grundrechte. Wichtig ist auch die Arbeit am Gesetz: Es bringt nichts, Paragrafen auswendig zu lernen.

Mehr dazu findest Du in unserem Ratgeber im Kapitel „Geschichten aus dem Paulanergarten! Muss man im Jurastudium wirklich Gesetze auswendig lernen?“

Ein typischer Fehler vieler Erstsemester ist, die Vorlesungen wie Schulfächer zu behandeln und Mitschriften zu pauken, statt die Fallanwendung zu trainieren. Besser ist es, das theoretische Wissen sofort an Fällen zu üben. So prägt sich das Wissen nachhaltig ein.

 

10. Was ist das Schwierigste am Jurastudium?

Das Schwierigste am Jurastudium ist nicht die Menge des Stoffes, sondern seine Struktur und seine Anwendung auf konkrete Fälle. Jura verlangt zwar, abstrakt zu denken, konkrete Fälle müssen aber präzise im Gutachtenstil gelöst werden. Dabei reicht es insbesondere nicht, das Ergebnis zu kennen. Der Weg dorthin zählt.

Tipps und Tricks zum Gutachtenstil liest Du im Kapitel „Wie IKEA nur besser: Der Gutachtenstil! Wie Du Schritt für Schritt zu einem guten Ergebnis kommst“.

Hinzu kommt die Langfristigkeit: Das Examen liegt Jahre entfernt, Motivation muss man selbst erzeugen. Eine weitere Herausforderung ist die juristische Notenskala: Eine 4,0 heißt „bestanden“, aber nicht „schlecht“. Trotzdem empfinden viele die Noten als frustrierend, weil sie den eigenen Aufwand nicht widerspiegeln. Auch die Vergleichskultur ist kompetitiv und kann belasten. Der Schlüssel liegt darin, sich nicht von äußeren Maßstäben treiben zu lassen, sondern den eigenen Lernrhythmus und die eigene, innere Motivation, zu finden.

 

11. Kann ich das Jurastudium ohne den Besuch von Vorlesungen bestreiten?

Absolut. Die Vor- und Nachteile des Besuchs einer Vorlesung fassen wir Dir im Kapitel „Deine Zeit gehört Dir! Wieso viele Vorlesungen sinnvoll sind – und wieso viele nicht“ zusammen.

Die Kurzfassung: Jura ist ein Studium, das man sich theoretisch autodidaktisch aneignen kann – Gesetze und Lehrbücher sind zugänglich, und es gibt hervorragende Online-Ressourcen. Dennoch haben Vorlesungen gerade zu Beginn des Studiums eine wichtige Orientierungsfunktion. Sie geben Struktur im Alltag, ordnen die Stofffülle und zeigen, welche Themen prüfungsrelevant sind. Gute Dozentinnen und Dozenten vermitteln außerdem Denkwege, nicht nur Inhalte und stehen für Rückfragen zur Verfügung.

Trotzdem lohnt es sich, schon frühzeitig „auszusortieren“. Vorlesungen mit unmotivierten oder didaktisch schlechten Professorinnen und Professoren, die man nur „absitzt“, sind Zeitverschwendung. Außerdem gibt es Menschen, die allein oder in Kleingruppen besser lernen. Die meisten Studierende kombinieren beides: Sie besuchen ausgewählte Veranstaltungen und arbeiten den Rest eigenständig nach.

 

12. Wie sinnvoll sind eigene Lerngruppen oder macht man sich darin nur gegenseitig nervös?

Lerngruppen sind dann sinnvoll, wenn sie klug organisiert sind – nicht, wenn sie zur Vergleichsrunde verkommen. Tipps, wie Du Deine Lerngruppe am besten organisierst und einen Musterplan findest Du in unserem „Survival Guide Jura“ im Kapitel „Gemeinsam stark: Eine Lerngruppe finden und organisieren“.

Der größte Vorteil liegt im aktiven Austausch: Wer anderen ein Thema erklären kann, hat es selbst verstanden. In einer guten Lerngruppe löst man gemeinsam Fälle, diskutiert aktuelle Rechtsfragen und hilft sich bei Aufbaufehlern oder Problemen mit dem Gutachtenstil. Wichtig ist allerdings, die Gruppendynamik im Blick zu behalten. Wenn Konkurrenz oder Druck überhandnehmen, kippt der Nutzen ins Gegenteil. Außerdem sollten die Mitglieder ungefähr auf demselben Lernstand sein. Wer weit voraus ist, langweilt sich; wer hinterherhinkt, verliert Motivation. Besonders in der Examensphase kann eine stabile Gruppe Wunder wirken, weil sie Struktur und Halt gibt.

 

Das Buch

Der Studienstart in Jura ist aufregend – und ziemlich überwältigend. Zwischen Gutachtenstil, Hausarbeit, Lernplan und Prüfungsstress stellt sich schnell die Frage: Wie soll man das alles schaffen? Dieser Ratgeber liefert ehrliche Antworten, praxisnahe Tipps und jede Menge Humor. Ein Autorenteam aus Studierenden, Praktiker:innen und Professor:innen zeigt, wie der Einstieg gelingt – von der ersten Vorlesung bis zur ersten Klausur.

Schäffer (Hrsg.)

Survival Guide Jura

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Die Autorin

Dr. Jannina Schäffer ist Gründerin und Chefredakteurin des Online-Magazins „JURios – kuriose Rechtsnachrichten“. Die promovierte Volljuristin ist Lehrbeauftragte für Strafrecht an der FernUni Hagen sowie Redakteurin bei beck-aktuell. Sie ist Herausgeberin des 2024 bei UTB erschienenen Ratgebers „Survival Guide Jura“ und der im Oktober 2025 erschienenen Fortsetzung "Survival Guide Rechtsreferendariat".

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