Technik als Trost

1. Warum ein Buch zu diesem Thema?

KI ist der Star im Drama der Digitalisierung. Allerdings wird das Bild von KI fast ausschließlich von technischen Perspektiven und Potenzialerwartungen geprägt. Die Gesellschaftswissenschaften beschäftigen sich noch viel zu wenig mit der Bedeutung des Phänomens KI. Daher möchte ich zeigen, dass KI nicht nur ein neues Werkzeug ist, das Menschen entlastet, sondern vielmehr ein Medium des Weltzugangs und der Wirklichkeitserzeugung, das Menschen durchaus auch von sich selbst entfremdet.

2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?

Meine Meta-Studie ermöglicht einen 360-Grad-Rundumblick auf KI. Basis sind Gespräche mit Expert*innen aus verschiedenen Feldern: vom Mönch bis zur Designerin, vom Ethiker bis zur Science-Fiction-Schriftstellerin, vom Theologen bis zum Animismusforscher. Hinzu kommt die Analyse zahlreicher Texte und Medien: Fachpublikationen, politische Richtlinien, aber auch Theaterstücke, Filme und Science-Fiction-Romane. So entsteht ein erhellender Rundumblick auf KI als ›Signatur unserer Epoche‹.

3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in den aktuellen Forschungsdebatten zu?

KI-Entwicklung und Zukunftsgestaltung gehören untrennbar zusammen. Deshalb ordne ich die Bedeutungen von KI vier prototypischen Zukunftsnarrativen zu. So zeige ich, wie die tröstende Funktion von KI auf der Basis hochspekulativer Heilsbotschaften entsteht. Die Renaissance von Verheißungen im Gewand von KI-Narrativen bietet zudem Anschauungsmaterial zum Verständnis gesellschaftlicher Transformationsprozesse und zugleich Überlegungen zu einer verheißungsfreien Zukunftsethik als Basis robuster Gesellschaftsgestaltung.

4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten diskutieren?

Es braucht weit mehr Dialoge, um KI angemessen zu verstehen. Während KI-Unternehmer*innen eher Nutzenerwartungen und Entlastungsversprechen in den Mittelpunkt ihrer strategischen Inszenierungen stellen, geht es mir um die Struktur und Relevanz von Bedeutungszuschreibungen. Ich würde daher gerne mit KI-Unternehmer*innen über die quasi-religiöse Aufladung von KI sprechen. Gleichzeitig aber auch mit Politiker*innen über die Tatsache, dass politische Richtlinien über KI meist nur mutlose Schrumpfformen echter Gesellschaftsgestaltung sind.

5. Ihr Buch in einem Satz:

Hochspekulative Erzählungen über KI sind nachgefragt, weil damit welthaltiger Trost in sozial erschöpften Gesellschaften verbunden ist.