Das aktuelle Heft der Zeitschrift für Ideengeschichte, das von Michael Matthiesen, Tim B. Müller und Martial Staub herausgegeben wurde, widmet sich in seinem Schwerpunkt dem Thema des Exils. Das Phänomen des Exils ist so alt wie die menschliche Geschichte selbst. Vom babylonischen Exil bis zu den vielfältigen Arten der Vertreibung in der jüngeren Zeit macht es eine Konstante der menschlichen Geschichte aus. Immer gilt, dass sich beim Überschreiten der Grenzen die Gewissheiten und Institutionen auflösen, die gestern noch fest erschienen. Sowohl Herkunftsland wie Aufnahmeland werden zu temporären Erscheinungen: Der Exilant verbleibt in der Hoffnung auf Rückkehr zwischen den Zeiten und Räumen. Gleichzeitig sind es die ansässigen Gesellschaften, die das Exil als Zumutung empfinden, denn von der Perspektive des Exils aus wird immer wieder die Verfassung der Polis selbst hinterfragt.
Diesen Zusammenhängen gehen die Autoren des Themenschwerpunktes „Exil“ in der aktuellen Zeitschrift für Ideengeschichte nach. Neben dem Beitrag zu einer Theorie des Exils, wie sie der Politikwissenschaftler Theo Stammen formuliert, plädiert der Historiker Martial Staub für einen entmystifizierenden Umgang der Geschichtswissenschaften mit dem Phänomen des Exils und im Ausgang davon für ein neues Verständnis politischer Teilhabe. In einer Einzelstudie stellt der in Princeton lehrende Historiker Anson Rabinbach das Exilschicksal des von westlicher wie östlicher Seite als Spion verdächtigten und schließlich Anfang der fünfziger Jahre in Prag hingerichteten tschechisch-deutschen Kommunisten Otto Katz alias André Simone vor. Michael Matthiesen schließlich folgt dem jüdischen Historiker Arnold Berney auf seinem Weg ins Genfer und schließlich Jerusalemer Exil.
Als Archivbeitrag werden in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift erstmalig Dokumente aus dem vom Deutschen Literaturarchiv in Marbach aufbewahrten Nachlass des Schriftstellers Konrad Merz präsentiert, dessen Roman Ein Mensch fällt aus Deutschland von der Kritik nach seinem Erscheinen 1936 als das „erste Emigrantenbuch“ überhaupt gerühmt wurde.
Mit einem Essay-Beitrag von Durs Grünbein präsentiert die Zeitschrift „im ideengeschichtlichen Spiegelkabinett des Literaten“ (FAZ) eine literarisch-philosophische Erkundung auf den Spuren des Philosophen Blaise Pascal, die um die Fragen der Gewissheiten von Denken und Glauben, von wissenschaftlichem Erkennen und mystischer Eingebung kreist.
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