Die Reform des Personengesellschaftsrechts zum 1. Januar 2024

von Professor Dr. Gerhard Ring

 

Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) vom 10.8.2021 (BGBl. I, 3436) tritt – später als vom Gesetzgeber ursprünglich angedacht – in seinen wesentlichen Teilen zum 1.1.2024 in Kraft. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Einrichtung des neuen Gesellschaftsregisters für die GbR eines zeitlichen Vorlaufs durch die Länder bedarf. Das MoPeG ist die umfassendste Reform des seit Anfang des 20. Jahrhunderts – mit nur kleineren Anpassungen an übergreifende und daher auch auf die GbR ausstrahlenden Änderungen – weitgehend unverändert geltenden GbR-Rechts. Es zielt zugleich auf eine grundlegende und zugleich systemkonforme Überarbeitung des Personengesellschaftsrechts insgesamt an die im Laufe der Jahrzehnte erfolg-ten Rechtsprechungsänderungen und die Kautelarpraxis.

Vollständige Neufassung des Rechts der GbR

Im Mittelpunkt der Reform steht die GbR als Grundform aller Personengesellschaften. Das Recht der GbR wird eine vollständige Neufassung erfahren. Leitgedanke der Reform ist eine umfassende Konsolidierung des GbR-Rechts (d.h. die gesetzliche Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR und der komplementären persönlichen Haftung ihrer Gesellschafter). Die gesetzliche Neuregelung des GbR-Rechts vollzieht die vom BGH im Jahre 2001 eingeleitete Anerkennung der Rechtsfähigkeit der (Außen-)GbR (ARGE Weißes Ross) im Gesetz kohärent nach. Es erfolgt eine Anpassung an die Realitäten „Dauergesellschaft“ (statt Gelegenheitsgesellschaft) und „Erwerbsgesellschaft“ i.S. eines Leitbildwandels unter Angleichung des GbR-Rechts an das Recht der anderen Personengesellschaften (OHG, KG und Partnerschaftsgesellschaft). Damit soll das Personengesellschaftsrecht insgesamt den Bedürfnissen des modernen Wirtschaftslebens besser Rechnung tragen können.

 

Zentrale Aspekte der Reform im GbR-Recht sind:

  • Loslösung vom Verständnis der GbR als vertragliches Schuldverhältnis hin zum Rechtssubjekt,
  • Änderung der Vermögenszuordnung vom Sondervermögen der Gesellschafter zum Vermögen der GbR,
  • Abkehr von der Personen- zur Verbandskontinuität bei der Auflösung der Gesellschaft und
  • Abkehr vom Vertrag (GbR als bloße Anspruchs- und Verpflichtungsbeziehung zwischen den Vertragspartnern) hin zur rechtlichen Verselbstständigung der GbR als Organisation.

 

Rechtsfähigkeit der GbR

Das MoPeG erkennt die Rechtsfähigkeit der GbR als Leitbild dieser Form des Personengesellschaftsrechts ausdrücklich im Gesetz an und unterscheidet dabei zugleich zwischen einer rechtsfähigen und einer nicht rechtsfähigen GbR. In der Person des Gesellschafters liegende Gründe, die vorbehaltlich einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung (Fortsetzungsklausel) nach bisherigem Recht zur Auflösung der GbR führten, werden in Ausscheidensgründe des hiervon betroffenen Gesellschafters umgewandelt. Der im Gesellschaftsregister eingetragenen GbR wird die Möglichkeit einer freien Sitzwahl eröffnet – was über entsprechende Verweisvorschriften im Personenhandelsgesellschaftrecht dann auch für die OHG und die KG gelten wird. Damit können die Personengesellschaften, wie bisher bereits die Kapitalgesellschaften GmbH und AG, grundsätzlich ihren Verwaltungssitz – unabhängig von ihrem Vertragssitz – ins Ausland verlagern (Abkehr von der Sitztheorie und Hinwendung zur Gründungstheorie). Die Gesellschafterklage (actio pro socio) wird erstmalig im Gesetz für die GbR sowohl in Bezug auf Sozialansprüche als auch für Drittansprüche verankert und gilt über die entsprechenden Verweisvorschriften im Personenhandelsgesellschaftsrecht auch für OHG und für die KG.

 

Gesellschaftsregister führt zu mehr Transparenz 

Durch die Einrichtung eines neuen Gesellschaftsregisters soll das bisherige Publizitätsdefizit der GbR – im Unterschied zu den anderen rechtsfähigen Personengesellschaften (OHG, KG und Part-nerschaftsgesellschaft) – behoben werden. Die Anmeldung ist zwar grundsätzlich freiwillig und keine Voraussetzung für die Erlangung der Rechtsfähigkeit (grundsätzliches Eintragungswahlrecht). Die Eintragung der GbR in Objektregister (z.B. ins Grundbuch oder ins Handelsregister) ist jedoch von einer vorherigen Eintragung im Gesellschaftsregister abhängig (Voreintragungserfordernis als letztlich faktischer Registrierungszwang).

Die gemeinsame Ausübung eines Freien Berufs soll auch in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft (OHG oder KG) erfolgen können, wodurch die Haftungsverhältnisse von Angehörigen Freier Berufe, die sich assoziieren, flexibilisiert wird: Eine Berufsausübung unter Beschränkung der persönlichen Haftung der beteiligten Gesellschafter kann damit außer in einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung oder in einer juristischen Person (bspw. in GmbH) auch in einer GmbH & Co. KG erfolgen. Die Öffnung des Personenhandelsgesellschaftsrechts für Angehörige Freier Berufe zur gemeinsamen Berufsausübung steht jedoch unter einem allgemeinen Berufsrechtsvorbehalt.

 

Etablierung eines Beschlussmängelrechts 

Schließlich wird für die Personenhandelsgesellschaften OHG und KG – nicht jedoch für die GbR – zur Steigerung der Rechtssicherheit beim Umgang mit fehlerhaften Gesellschafterbeschlüssen ein am Aktienrecht orientiertes gesetzliches Beschlussmängelrecht im HGB eingeführt. In Bezug auf die Fehlerfolgen ist zwischen der Anfechtbarkeit und der Nichtigkeit eines Beschlusses zu unterscheiden. Nach der Qualifikation des Beschlussmangels beurteilt sich die Rechtsschutzmöglichkeit: Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage bzw. allgemeine Feststellungsklage als mögliche Beschlussmängelklagen. Das gesetzliche Beschlussmängelrecht kann im Zuge einer opt-in-Lösung durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarung auch auf die GbR übertragen werden. Umgekehrt können die Personenhandelsgesellschaften gesellschaftsvertraglich das gesetzliche Beschlussmängelrecht aber auch abbedingen (opt-out-Lösung). 

 

Gestärkte Informationsrecht der Kommanditisten 

Im KG-Recht kommt es, was vor allem für die GmbH & Co. KG relevant werden wird, zu einer Stärkung der Informationsrechte der Kommanditisten. Im Übrigen erfolgt eine Klarstellung, wie die Willensbildung in einer Einheits-GmbH & Co. KG erfolgt.

 

Das Buch

Die große Reform des Personengesellschaftsrechts stellt die Rechtsanwender vor neue Herausforderungen. Die Gesamtdarstellung der Reform des Personengesellschaftsrechts soll einen schnellen Überblick über die zentralen Änderungen und die damit einhergehenden Konsequenzen bieten.

Der Autor

Professor Dr. Gerhard Ring,

war von 1996 bis zu seiner Pensionierung Ende März 2023 Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, deutsches und europäisches Wirtschaftsrecht an der TU Bergakademie Freiberg.

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