Die Verfassungsstrukturen der Europäischen Union sind nicht
erst seit dem Reformvertrag von Lissabon ein zentrales Thema von Konstitutionalismustheorie,
Europarechtswissenschaft und nationalem Verfassungsrecht. Mit den tradierten
Begriffen der „Allgemeinen Staatslehre“ und einem überkommenen Denken, das noch
in den Kategorien von Nationalstaat und ungebrochener Souveränität verharrt,
ist die politische Wirklichkeit des vielfach verflochtenen europäischen
Verfassungsverbundes nicht mehr angemessen zu erfassen. Die überholte
staatsrechtliche Begrifflichkeit muss auf dem Forum einer Europäischen
Verfassungslehre ganz neu durchdacht werden.
Die Verfassungslehre betrachtet den europäischen
Konstitutionalisierungsprozess aus einer kulturwissenschaftlichen und zugleich
rechtsvergleichenden Perspektive. Sie untersucht die neuartige Grundordnung der
Europäischen Union und ihre vielfältigen Wechselwirkungen mit dem nationalen
Verfassungsrecht und globalen Konstitutionalisierungsprozessen.
Häberles Monographie, deren 8. Auflage nun in Zusammenarbeit
mit seinem Schüler Kotzur vorliegt, ist ein Standardwerk der
Europawissenschaften, der Konstitutionalismus- und der Verfassungstheorie. Die
aktualisierte Neuauflage verarbeitet die Fülle der wissenschaftlichen Literatur
und berücksichtigt - gerade vor dem Hintergrund der gegenwärtigen
Integrationskrisen - die dynamische Verfassungsentwicklung im europäischen
Rechtsraum. Sie betrachtet die EU allen Krisenszenarien zum Trotz als den
maßgeblichen Zukunftsentwurf des politischen Miteinanders in einem friedlichen,
freiheitlichen und ökonomisch stabilen Europa.
Das Werk richtet sich nicht nur an ein Fachpublikum von
Verfassungs- und Europarechtlern, es ist auch Pflichtlektüre für Philosophen,
Politikwissenschaftler und alle, die den europäischen Integrationsprozess
kritisch zu reflektieren und konzeptionell zu durchdringen versuchen.