77 Orte, 1 Buch: Im Gespräch mit Professor André Niedostadek über sein Buch »Recht sehenswert!«

In unserem exklusiven Interview erzählt Professor André Niedostadek, wie die Idee zu seinem außergewöhnlichen Buch »Recht sehenswert!« entstand, in dem 77 besondere Orte des Rechts in Deutschland vorgestellt werden.

Er berichtet von überraschenden Entdeckungen, persönlichen Lieblingsplätzen und der Bedeutung der Rechtsgeschichte für unser heutiges Verständnis von Recht und Gesellschaft.

Lesen Sie, welche Orte ihn besonders beeindruckt haben, nach welchen Kriterien er die Auswahl der Orte getroffen hat und warum Recht weit mehr ist als ein Paragrafenkonstrukt.

 

Was hat Sie dazu inspiriert, dieses Buch zu schreiben?

Die Idee zu diesem Buch spukte schon lange bei mir im Hinterkopf herum. Bereits 2015 hatte ich für die Legal Tribune Online einen kurzen Beitrag mit Museums- und Ausstellungstipps für Juristinnen und Juristen verfasst. Das war so eine Art Mini-Reiseführer. Der Gedanke, das Ganze etwas umfangreicher auszuarbeiten, flackerte immer mal wieder auf. Lange Zeit fehlte mir aber die zündende Idee dafür, wie man das Projekt lesenswert gestalten könnte.

 

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, rechtshistorische Orte mit einer Art Reiseführer zu verbinden? Gab es einen bestimmten Moment oder Ort, der den Ausschlag für das Projekt gegeben hat?

Es sind bei weitem nicht nur rechtshistorische Orte, die vorgestellt werden. Das Buch schlägt einen breiten Bogen von den Anfängen des Rechts bis heute. Die Idee, das mit einer Art Reiseführer zu verbinden, entstand fast wie von selbst. Vor einigen Jahren hatte ich durch einen Zufall begonnen, Reisebücher aus der bekannten Glücksorte-Reihe zu schreiben. Inzwischen sind vier Bücher in dieser Reihe und noch ein Motorradreisebuch erschienen. Und dann war die Idee wieder da: Warum nicht meine beiden Leidenschaften Recht und Reisen auf eine ungewöhnliche Weise verbinden?

 

Wie haben Sie die 77 Orte ausgewählt – gab es bestimmte Kriterien? Gab es Orte, die Sie gerne aufgenommen hätten, die es aber nicht ins Buch geschafft haben?

Ausschlaggebend sind immer die Leserinnen und Leser: Was würden sie von einem solchen Buch erwarten? Das muss man sich im Vorfeld überlegen. Erwarten wird man sicher eine gewisse Vielfalt der Orte. Bei aller Ersthaftigkeit mancher Themen darf aber auch ein unterhaltsamer Aspekt sicher nicht fehlen. Und dann vielleicht auch die eine oder andere Überraschung nach dem Motto „Na, das hätte ich nicht gedacht!“. Viele sind beispielsweise überrascht zu hören, dass der Schriftsteller Karl May selbst im Gefängnis saß. Im Buch erfährt man, wo es dazu etwas zu sehen gibt.

Natürlich muss ein Ort auch einen Bezug zum Reisen erkennen lassen. Bei Museen oder Gedenkstätten ist das noch naheliegend, bei einem Friedhof ist das schon schwieriger. Es sei denn, es handelt sich um den weltweit größten Parkfriedhof. Wenn der dann noch etwas mit Piraten und dem Sozialrecht zu tun hat, dann passt es.

Es gab tatsächlich eine Reihe von Orten, die es nicht in das Buch geschafft haben, einfach, weil wir uns auf 77 Orte beschränkt haben. Bei Lesungen biete ich auch immer einen Blick hinter die Kulissen und verrate auch den einen oder anderen Ort, der es nicht in ein Buch geschafft hat, vor allem wenn der Ort in der Nähe liegt.

 

Welcher der 77 Orte hat Sie persönlich am meisten beeindruckt – und warum?

Also, da gibt es sogar mehrere Orte. Wenn ich mich aber für einen entscheiden müsste, dann wäre es wohl der Weg der Menschenrechte in Viereth-Trunstadt bei Bamberg. Dabei handelt es sich um einen Rundwanderweg, der als Bürgerprojekt entstanden ist. Das fand ich sehr beeindruckend. Oder wie ich es im Buch geschrieben habe: Durch das Engagement vieler ist ein Wandererlebnis entstanden, das Körper und Geist gleichermaßen auf Reisen schickt. Das stimmt wirklich.

 

Gibt es Orte im Buch, die aus Ihrer Sicht heute besonders relevant für unser Verständnis von Recht und Gesellschaft sind?

Wir erleben ja aktuell eine Zeit voller Umbrüche. Was vielleicht in der Vergangenheit Orientierung geboten hat, wie gesellschaftliche Konventionen oder Religion, tritt mehr und mehr in den Hintergrund. Die Frage ist: Was bleibt dann? Für mich ist es seit jeher das Recht. Es bietet den Rahmen, wie wir als Gesellschaft miteinander auskommen wollen. Jeder der 77 Orte in dem Buch bietet auf die eine oder andere Weise einen Zugang zu der Idee des Rechts. Und da kann man gerade aus der Geschichte viel lernen.

 

Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht, dass Juristinnen und Juristen ein historisches Verständnis des Rechts haben?

Wenn wir ehrlich sind: Für das juristische Tagesgeschäft ist die Rechtsgeschichte wohl entbehrlich. Aber sie ist längst keine Marotte. Die Rechtsgeschichte macht sichtbar, dass Recht immer wieder das Ergebnis von Aushandlungen, Machtfragen, Krisen oder auch gesellschaftlichen Veränderungen war und ist. Für wie wichtig man das historische Verständnis des Rechts hält, mag man selbst entscheiden. Für mich bietet die Rechtsgeschichte immer wieder Inspiration, über das heutige Recht nachzudenken. Deshalb finde ich sie heute sogar wichtiger denn je.

 

Wen möchten Sie mit Ihrem Buch besonders ansprechen – Juristen, Touristen, historisch Interessierte? Was wünschen Sie sich, dass Leserinnen und Leser nach der Lektüre des Buches mitnehmen?

Ich habe das Buch nicht nur für Jura-Fans geschrieben, auch wenn sie sich vermutlich zuerst angesprochen fühlen. Es richtet sich ebenso an Reisefreudige, Kulturinteressierte und Wissbegierige, die sich dem Recht auf eine neue, unkonventionelle Weise nähern wollen. Ähnlich wie bei meinen Vorträgen und Keynotes möchte ich Lust auf Entdeckungen machen, in diesem Fall ist das Buch eine Einladung, das Recht über die Jahrhunderte hinweg mit seinen vielfältigen Facetten zu erkunden. Was man nach der Lektüre mitnehmen soll? Vielleicht, dass Jura mehr ist, als ein nüchternes Paragrafenkonstrukt, sondern eine kulturelle Errungenschaft.

 

Zum Schluss: Welcher der 77 Orte ist Ihr persönlicher Geheimtipp für ein Wochenendziel?

Ich finde, ein bestimmter Ort selbst ist gar nicht so entscheidend. Viel wichtiger ist, wie wir ihm begegnen. Wer das Unbekannte erstmals entdeckt oder auch im Bekannten etwas Neues sieht, kann jeden Ort zum eigenen Geheimtipp machen.

 

Das Buch

„Recht sehenswert!“ lädt zu einer außergewöhnlichen Entdeckungstour quer durch Deutschland ein. An 77 besonderen Orten erzählt das Buch auf unterhaltsame Weise von Recht, Gerechtigkeit und kuriosen Rechtsgeschichten – von historischen Schauplätzen über versteckte Kleinode bis hin zu überraschenden Anekdoten. Ein faszinierender Reiseführer für Juristen, Kulturinteressierte und alle, die das Besondere lieben.

Niedostadek

Recht sehenswert!

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Der Autor

Prof. Dr. André Niedostadek, LL.M.,

ist Hochschullehrer für Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht an der Hochschule Harz und Autor mehrerer Reisebücher.

Foto: ©Tim Bruns/Hochschule Harz

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Stand: September 2025

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