Dieses Buch liest sich wie eine zeitgenössische Komödie: Es ist zum Lachen, es geht an Grenzen, u¿berschreitet sie und zeichnet dabei ein bitterböses Bild der Welt von heute. Emmanuelle Bayamack-Tam sucht sich Themen, die wehtun: Rassismus, der das Leben zur Hölle macht; das Alter, das in unserer Gesellschaft einem Schiffbruch gleicht; oder die Familie, die zum Hassobjekt wird.
Ich komme. ist ein Fetisch-Roman: Menschen sind besessen von Objekten, die sie ganz nach Stimmungslage kaufen, sammeln, benutzen und wieder verwerfen. Ein adoptiertes Kind kann man doch wohl zuru¿ckgeben, wenn es keinen Spaß
mehr macht. Dieser Roman erinnert an Charles Dickens' Bleak House, in dem er das dekadente Leben der Oberschicht schildert, deren selbstvergessene Existenzweise von nichts mehr geprägt ist als von materiellen Sorgen. Die Wohlhabenden
reproduzieren ihren Wohlstand auf dem Ru¿cken der Bedu¿rftigen, Liebe wird nicht mehr geliebt, und die Kinder sind weniger kindisch als ihre Eltern. Diese Spielregeln erschaffen eine Welt, die nur noch als Missverständnis funktioniert.
Kann es aktueller zugehen als in einer solchen Komödie?
Drei große Erzählungen bilden das innere Geru¿st dieses unbehausten Zuhauses: Tochter, Mutter und Großmutter liefern uns drei Versionen der unbequemen Wirklichkeit: Nelly, die älteste, zieht ihr Resu¿mee und findet nur Bedauern; Gladys, die Mutter, will sich fu¿r ihre Lebensunfähigkeit rechtfertigen, was in einen wut-entbrannten rhetorischen Rachefeldzug mu¿ndet; und schließlich Charonne, erst von den Eltern, dann von den Adoptiveltern aufgegeben, ihrer Hautfarbe wegen als »schwarz« wahrgenommen und zudem noch u¿bergewichtig. Sie ist die ein-samste unter den Ausgestoßenen, doch gerade sie strahlt eine unerschöpfliche Energie aus.
In ihrem scharfsinnigen Sittenbild macht Emmanuelle Bayamack-Tam diese Tochter zur Heldin mit der Kraft, eine Welt zu entwerfen, in die das Leben wieder einzieht. Wie eine provokative Prophezeiung ruft sie aus: »Ich komme!«