Grundsteuerreform: abweichende Bewertungsverfahren einiger Bundesländer

Hauptfeststellung auf den 1.1.2022 – es wird ernst in Sachen Grundsteuerreform

Der Gesetzgeber hat mit der Verabschiedung des Grundsteuer-Reformgesetzes (GrStRefG) vom 26.11.2019 den Vorgaben des BVerfG folgend neue Bewertungsregelungen geschaffen. Die bisherigen Regelungen der Einheitsbewertung werden nur noch bis zum 31.12.2024 angewendet. Die Hauptfeststellung für die neuen Grundsteuerwerte erfolgt gleichwohl bereits auf den 1.1.2022, um der Verwaltung genügend Zeit zur Abarbeitung der vom 1.7.2022 – bis zum 31.10.22 einzureichenden Feststellungserklärungen zu geben.  Der Zeitraum der Abgabefrist für die Feststellungserklärungen kann dabei in Anbetracht der zusätzlichen Belastungen der Steuerberatungskanzleien durch die Corona-Soforthilfen durchaus als äußerst ambitioniert bezeichnet werden.

 

Änderungs- und Korrekturmaßnahmen am GrStRefG

Der große Zeitdruck bei der Grundsteuerreform zeigt sich auch an den zahlreichen gesetzgeberischen Änderungs- und Korrekturmaßnahmen am GrStRefG. Mit dem JStG 2020, dem Fondstandortgesetz und dem Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz (GrStRefUG) hat der Gesetzgeber die neuen Vorschriften im Bewertungs- und Grundsteuergesetz zwischenzeitlich bereits ersten Änderungen und Anpassungen unterzogen. So wurden mit dem GrStRefUG z.B. die Mietansätze in der Anlage 39 zum BewG an die Ergebnisse des Mikrozensus 2018 angepasst und aufgrund der damit verbundenen Erhöhung der Mietansätze die Grundsteuermesszahl für die Wohngrundstücke im § 15 GrStG abgesenkt. Im Wege einer Rechtsverordnung wurden im Juni 2021 die Bewertungsfaktoren für die Land- und Forstwirtschaft in den Anlagen 27 – 33 zum BewG durch das Bundesfinanzministerium aktualisiert. Der Erlass der Mietniveaueinstufungsverordnung (MietNEinV) zur Bestimmung des Zuschlags auf den Mietansatz nach Anlage 39 zum BewG im August 2021 bildet den derzeitigen Schlusspunkt der rechtlichen Vorbereitungsmaßnahmen für die Hauptfeststellung am 1.1.2022.

 

Abweichende Länderregelungen stellen Berater vor weitere Herausforderungen

Als weitere Herausforderung für die steuerberatenden Berufe treten neben den komplexen Vorschriften des BewG die abweichenden Bewertungsverfahren einiger Bundesländer. Insgesamt haben fünf Bundesländer abweichende Bewertungsverfahren für das Grundvermögen landesgesetzlich geregelt und weitere zwei Bundesländer vom Bundesrecht abweichende Grundsteuermesszahlen festgelegt.

 

Bodenwertsteuer in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg hat mit dem LGrStG BW am 4.11.2020 die erste abweichende Landesregelung in Form einer Bodenwertsteuer verabschiedet. Das im LGrStG BW gewählte Modell sieht vor, bei Grundstücken des Grundvermögens nur noch den Wert des Grund und Bodens zu besteuern. Zu diesem Zweck werden Grundstücke anhand ihrer Fläche und dem jeweiligen Bodenrichtwert auf den Hauptfeststellungszeitpunkt bewertet. Die Bebauung ist folglich auf der Bewertungsebene nicht mehr relevant und beeinflusst nur noch die anzuwendende Messzahl für das Grundstück.

 

Äquivalenzprinzip in Bayern

Auch für das Bundesland Bayern kommt ein abweichendes Bewertungssystem zur Anwendung. Dabei wird statt dem Leistungsfähigkeitsprinzip des wertabhängigen Bundesmodells das Äquivalenzprinzip in den Vordergrund gerückt, um dem Infrastrukturaufwand der Gemeinde Rechnung zu tragen. Folglich kommt es nicht mehr auf den Wert einer Immobilie, sondern lediglich auf die Grundstücks- und Gebäudeflächen an. Die Äquivalenzzahl für Gebäudeflächen beträgt stets 0,50 € je m². Für die Fläche des Grund und Bodens wird im Regelfall eine Äquivalenzzahl von 0,04 € je m² angesetzt. Die Grundsteuermesszahl beträgt im Grundsatz 100 %. Für den Äquivalenzbetrag der Wohnflächen wird die Grundsteuermesszahl jedoch auf 70 % ermäßigt. Daneben treten weitere Ermäßigungstatbestände für geförderten Wohnraum, landwirtschaftliche Wohngebäude und Denkmäler.

 

Lage- bzw. Wohnlagefaktor

Die Bundesländer Hessen, Niedersachsen und Hamburg ergänzen das bayrische Modell zusätzlich um einen Lagefaktor. Hamburg stellt ausschließlich bei den Wohngrundstücken auf einen nach weichen Kriterien ermittelten Wohnlagefaktor ab. Der rein bodenrichtwertabhängige Lagefaktor in Hessen und Niedersachsen bewirkt hingegen, dass sämtliche Grundstücke in besserer Lage höher besteuert als Grundstücke in schlechter Lage.

 

Abweichende Messzahlen in Sachsen und im Saarland

Sachsen und das Saarland übernehmen das Bundesmodell mit der Abweichung, dass für die unbebaute Grundstück, Wohngrundstücke und Nichtwohngrundstücke von § 25 GrStG abweichende Messzahlen gelten. Dies dient zum einen der Berücksichtigung regionaler Besonderheiten und zum anderen dem Ausgleich zu niedriger Bewertungsergebnisse für die im Sachwertverfahren bewertende Nichtwohngrundstücke.

 

Flickenteppich an Einzelregelungen

Auf den steuerlichen Berater kommt somit die unangenehme Aufgabe zu, den Überblick über den Flickenteppich an Einzelregelungen zu behalten. Die Prüfung der Feststellungsbescheide für die Grundsteuerwerte und die Erfüllung der Anzeige- und Erklärungspflichten wird zukünftig dabei dadurch deutlich erschwert, dass die Länder im Detail für vergleichbare Fragen unterschiedliche gesetzliche Regelungen getroffen haben.

Der Autor

Mathias Grootens

Mathias Grootens Dipl.-Finanzwirt (FH), Herausgeber des NWB Grundsteuergesetz Kommentars und Autor zahlreicher Publikationen zum Erbschaftsteuer- und Bewertungsrecht.

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