"Mit der Neuerscheinung „Prozessrisikoanalyse – Erfolgsaussichten vor Gericht bestimmen“ beschreiben die beiden Autoren Prof. Dr. Jörg Risse und Dr. Matthias Morawietz in sehr anschaulicher und didaktisch gelungener Art und Weise, wie sich Rechtsanwender bei der Bewertung juristischer Fragestellungen mathematischer Hilfe bedienen können. Ihr Ziel ist dabei nicht die abschließende Klärung bisher ungelöster rechtlicher Problemfelder: Rechtswissenschaft ist mit Naturwissenschaft nur bedingt vergleichbar; das eine „richtige“ Ergebnis gibt es nicht. Es geht den Autoren deshalb auch vielmehr darum, dem Anwender mit der Prozessrisikoanalyse ein Instrument an die Hand zu geben, das ihn in die Lage versetzt, tatsächliche und rechtliche Unwägbarkeiten auf dem Weg der Anspruchsdurchsetzung zutreffend zu bewerten und so das mit einem Rechtsstreit verbundene Risiko angemessen zu beziffern. Die Autoren zeigen hierzu Schritt für Schritt auf, wie zunächst die maßgeblichen Weichenstellungen eines Rechtsfalles in einem Entscheidungsbaum abgebildet werden und wie diesen Weichenstellungen dann jeweils ein bestimmtes Entscheidungsrisiko zugewiesen werden kann. Anschließend erläutern sie eingehend, wie unter Berücksichtigung des Gesamtrisikos der einzelnen Fallvarianten ein mathematischer Gesamterwartungswert errechnet werden kann, der eindrucksvoll in Zahlen ausdrückt, was ein behaupteter Anspruch unter Berücksichtigung der tatsächlichen und rechtlichen Risiken seiner Durchsetzung tatsächlich „wert“ ist. Sensitivitätsanalysen und Streuungsanalysen runden dabei das Bild ab und vermitteln dem Anwender der dargestellten Analysetools fundierte Informationen darüber, wie wahrscheinlich es ist, dass dieser Wert auch realisiert werden kann und welche Investitionen in den Rechtsstreit möglicherweise überproportional zur Werterhöhung beitragen können. Der praktische Anwendungsbereich der Prozessrisikoanalyse ist dabei vielschichtig. Nur derjenige, der konkret weiß, was Risiken eines Rechtsstreits für ihn in Euro und Cent bedeuten, kann beispielsweise beurteilen, ob ein vorgeschlagener Vergleich angemessen oder eine etwaig für einen Rechtsstreit gebildete Rückstellung ausreichend ist. Interne Berichte gegenüber Entscheidungsträgern sowie Verhandlungen mit Versicherungen oder einem Prozessfinanzierer gewinnen an Klarheit und Struktur; die Phrase von der leitenden Gotteshand auf See und vor Gericht gehört der Vergangenheit an.
Das Werk gliedert sich in zwei Teile und widmet sich zunächst der Vermittlung der technischen Grundlagen der Prozessrisikoanalyse. Neben der Darstellung psychologischer Aspekte jeder Anspruchsbewertung führen die Autoren anhand eines ausgewählten Beispielfalles die einzelnen Analysestufen vor. Checklisten und graphische Darstellungen fördern das Verständis des Lesers. Der zweite Teil des Werks bietet dem Leser die Gelegenheit, anhand zahlreicher Fallstudien die abstrakten Grundlagen der Prozessrisikoanalyse am konkreten Fall einzuüben und den richtigen Umgang mit den Analysetools zu erlernen. Das Werk verdient zweifellos seinen Platz in der täglichen Arbeit von Rechtsanwälten, Richtern und Mediatoren, die mit Aspekten der Konfliktlösung beschäftigt sind."
Expertenstimme von Dr. Christian Stretz, LL.M. (NYU), Rechtsanwalt und Attorney-at-law (New York), München, 31.01.2018, zur 1. Auflage 2017